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Der Mini-Knigge: FĂŒr Chinas Metropolen gilt allgemein, dass es mittlerweile so viele Bewohner mit AuslĂ€nder-Erfahrungen gibt, dass, wenn man halbwegs
freundlich, höflich und respektvoll ist, man nur noch SEHR wenig wirklich verkehrt machen kann. Da China aber groĂ und meistens lĂ€ndlich ist, hier einige kleine Regeln fĂŒr den geschĂ€ftlichen wir auch privaten
Alltag:
1. Kleidung, Schuhe: Chinesen legen im geschĂ€ftlichem und formal gesellschaftlichen Rahmen in der Regel groĂen
Wert auf gepflegte Kleidung - selbst wenn das Getragene nicht immer zwingend unseren Geschmack treffen muss. Bei Privatbesuchen werden zudem die Schuhe an oder gar vor der TĂŒr ausgezogen (bei der Auswahl der
eigenen Socken bedenken ;-)). Der StraĂendreck soll drauĂen bleiben. Am Eingang der eigenen Wohnung sollten aus diesem Grund fĂŒr chinesische GĂ€ste stets Hausschuhe bereit stehen. Mit Schuhen herein gebeten zu
werden betrachten Chinesen nur bedingt als zuvorkommend, sondern eher als Zeichen mangelnder Haushygiene!!
2. BegrĂŒĂungen
laufen fĂŒr uns oft eigentĂŒmlich formal ab - teilweise ohne LĂ€cheln. Nur Chinesen mit Kenntnissen westlicher Kultur geben einem die Hand. Daher abwarten, ob einem die Hand angeboten wird. Der HĂ€ndedruck selber ist fĂŒr uns oft eher unangenehm weich. BegrĂŒĂungen in Hierarchien gehen manchmal auch mit einer angedeuteten Verbeugung einher, bei der die Arme seitlich am Körper sind. Die echte Verbeugung ist (nach der Kulturrevolution) jedoch eher japanisch und ruft daher eher Irritation hervor.
3. AnschlieĂend werden Visitenkarten
als Zeichen der Achtung mit beiden HĂ€nden ĂŒberreicht und auch angenommen. Historischer Hintergrund dieser Geste: Wer beide HĂ€nde an der Karte/dem Geld/dem Geschenk hat, kann nicht zuschlagen. Am Besten ĂŒberreicht man die Karte so, dass der EmpfĂ€nger sie gleich lesen kann. Dieses Ritual ist ein Punkt, bei dem man mit geringem Aufwand ein wenig Entgegenkommen und Achtung beweisen kann - und nach kurzer Zeit wird einem diese Geste auch nicht mehr völlig steif und aufgesetzt von den HĂ€nden gehen â denken Sie stets an den Hintergrund: Ich komme in Frieden, Du sollst wissen wer ich bin! Die Visitenkarte sollte kurz studiert werden. Da viele Chinesen sehr hierarchisch denken ist es wichtig ein angemessenes Bild vom Rang seines GegenĂŒbers zu haben und sollte dieser sehr hochrangig sein, dieses angemessen zur wĂŒrdigen. Eines noch: Eine echte Legende ist, dass der Austausch der Visitenkarte, bzw. die Frage ob man es mit ein oder zwei HĂ€nden tut, einen substanziellen Einfluss auf die Beziehung hat. Es ist eine Geste, mehr nicht.
4. Es folgt Smalltalk, und genau dieser kann tatsÀchlich enorm wichtig werden. Aufmerksam zuhören! Es kann
um Unterbringung und Reise gehen - aber vor allem auch um Fragen nach Familie, Alter und gar Verdienst werden nicht zwingend als taktlos angesehen. Beim Verdienst kann man aber durchaus sagen, dass darĂŒber zu
sprechen bei uns unĂŒblich ist. HĂ€ufig erfĂ€hrt man in diesen GesprĂ€chen entscheidende Details darĂŒber, was sich eine neue Bekanntschaft oder ein GeschĂ€ftspartner persönlich von der zukĂŒnftigen Beziehung
erwartet.
5. Der Begriff des "Gesichtes"
wird vielen schon begegnet sein. GrundsĂ€tzlich beschreibt das âGesichtâ eine Art virtuellen Rang in der Gesamtheit, der eng mit der Selbstachtung verbunden ist. Der Chinese verliert sein "Gesicht" in dem Moment, wo in einer Situation Position, Rang und Stellung in der Gesellschaft in Frage gestellt werden:
Der hohe Manager, der vom niederen Angestellten in Anwesenheit anderer korrigiert wird. Der hohe Manager dessen Angestellter direkt, ohne Aufforderung den Gast anspricht, in die Verhandlungen eingreift.
Der niedere Angestellte, dem öffentlich Versagen vorgeworfen wird.
Schon die Art wie man Verhandlungen oder einen Arbeitsprozess einleitet werden von Rang- und Gesichtswahrungen begleitet.
Kleines Beispiel:
Ein ResprĂ€sentant soll neu eingefĂŒhrt werden. Um die Bedeutung dieses Schrittes den Chinesen gegenĂŒber zu untermauern kommt der deutsche GeschĂ€ftsfĂŒhrer
zur EinfĂŒhrung des ReprĂ€sentanten mit nach China. Zuerst bespricht er mit den chinesischen Partnern den ganzen Prozess und stellt ihnen dann den neuen Mann als einen seiner herausragenden Mitarbeiter vor. Der bedankt sich erfreut, nicht ahnend was gerade passiert ist. TatsĂ€chlich hĂ€tte sich sein Chef nur kurz vorstellen und durch seinen Rang dem Treffen Gewicht verleihen sollen und dann ausdrĂŒcklich fĂŒr alle die tatsĂ€chliche Arbeit betreffenden Dinge an den ReprĂ€sentanten ĂŒbergeben - oder diesem das Wort von Anfang an geben sollen: Jetzt sind die Chinesen ĂŒberzeugt, dass der ReprĂ€sentant keine eigene Handlungsvollmacht hat. Er wird nicht ernst genommen werden.
Um das des eigene Gesicht zu wahren bleibt man am besten erst einmal ruhig und zurĂŒckhaltend, aber nur so lange es ertrĂ€glich ist. Wie sagte uns der ehemalige dpa-Vertreter in Shanghai angesichts
eines Emotionsausbruches: âDa habe ich wahrscheinlich wieder 1000 Gesichter verloren - aber letztlich hatte ich eh von vorne herein keines... .". GrundsĂ€tzlich werden GefĂŒhlsausbrĂŒche, insbesondere
Schreien nicht geschĂ€tzt. Aber auch zwanglose Kumpelhaftigkeit löst eher Irritation aus. âMensch seinâ, schauen wie weit der andere geht und darauf halbwegs natĂŒrlich reagieren ist der empfehlenswerteste Weg.
6. Geschenke
- wenn GeschĂ€ftsgeschenke dann richtige - in welche Richtung diese gehen sollten, darĂŒber erfĂ€hrt man am meisten im erwĂ€hnten âSmalltalkâ, wie gesagt, der ist wichtig. Geschenke sollten einen gewissen Wert haben und den sollte man ihnen (mindestens anhand der Marke) ansehen. Viele Chinesen sind sehr offen fĂŒr Kitsch - wenn es edler Kitsch ist. Geschenke (wie u.a. auch Geld) werden mit beiden HĂ€nden ĂŒberreicht und in aller Regel NICHT geöffnet - das erspart im Zweifelsfall mindestens einer Partei einen Gesichtsverlust in zu groĂem Rahmen. Geschenke sollte man auch im privaten Rahmen mindestens ein- bis zweimal ablehnen - alles andere wirkt gierig. Dementsprechend mĂŒssen Sie auch hartnĂ€ckig bleiben, wenn Sie chinesischen Bekannten z.B. einen Snack anbieten: Dreimal nachfragen ist vollkommen angemessen, und nicht etwa aufdringlich!!
7. Essen:
Regel 1: Lerne mit StĂ€bchen essen! Zum einen aus RĂŒcksicht ,zum anderen weil es in vielen Restaurants kein westliches Besteck gibt. Was das StĂ€bchenessen sehr erleichtert ist die Tatsache, dass man sein SchĂŒsselchen/Tellerchen jederzeit bis direkt unter den Mund fĂŒhren darf.
Im Restaurant zahlt immer nur eine Person, was in ausdauernden Redegefechten ausdiskutiert werden kann - wobei in der Regel schon vorher klar ist wer letztlich zahlt: bei formellen AnlĂ€ssen die Person, die meistens mit dem Gesicht zur TĂŒr vor einem mit einer Serviette hoch dekorierten Glas sitzt. Der wichtigste Gast sollte ebenfalls mit Blickrichtung TĂŒr sitzen. Um sich die angesprochenen Gefechte zu ersparen, bzw. nicht zur riskieren, unbeabsichtigt eingeladen zu werden, kann man z.B. schon vorher ein MenĂŒ bestellen und auch im Voraus zahlen. Aufgetragen werden diverse Einzelgerichte von denen sich dann alle bedienen dĂŒrfen. Es sollte MINDESTENS ein Gericht mehr geordert werden als GĂ€ste am Tisch sitzen. In der Regel wird nach ein paar Vorspeisen mit den teuren und mĂ€chtigen Gerichten begonnen. Am Schluss kommen weiĂer Reis (den kann man aber auch schon vorher ordern) und Suppen (Vorsicht: Bei Huhn und Ente im Tontopf schwimmt irgendwo der Kopf! - was nichts daran Ă€ndert, dass dies in aller Regel FABELHAFTE Suppen sind). In seltenen Ausnahmen wird die Bestellung von Reis als âbĂ€uerlichâ empfunden, als wolle man sparen, meine Regelerfahrung ist, dass die Frage nach Reis eher entkrampfend wirkt, âNormalitĂ€tâ kommuniziert. Tischmanieren sind kein Problem weil sie existieren fĂŒr unser Empfinden nur rudimentĂ€r. Auch der höchste Manager wird sich nicht scheuen einen abgenagten Knochen direkt neben den Teller zu spucken. TatsĂ€chlich berĂŒhren die Chinesen ihr Essen jedoch selten mit den Fingern. In feinerem Rahmen sollten extra Löffel benutzt werden, um Gerichte von der Tischmitte ins eigene SchĂŒsselchen zu befördern - in den meisten FĂ€llen wird jedoch einfach direkt mit den StĂ€bchen zugegriffen. Angesischts des fröhlichen Knochen-Spuckens fĂŒr viele nicht nachvollziehbar ist es eine Tatsache, dass Chinesen die Benutzung eines Taschentuches bei Tisch als unangenehm empfinden, man sollte sich zumindest Abwenden, am Besten die Toilette aufsuchen.
Ansonsten: Es sollte immer etwas auf den Tellern der Gerichte zurĂŒck bleiben - alles andere heiĂt: Es war zu wenig! Das Essen wird abgeschlossen mit Obst.
Beim Trinken bedeutet der Ausruf
"Ganbei" (trockenes Glas) in der Regel, "auf Ex", was aber nicht mit letzter Konsequenz durchgezogen wird. Chinesen vertragen in der Regel weniger Alkohol als EuropÀer. Eine manchmal
praktizierte Taktik ist daher, Westler mit zahlreichen einzeln vorgetragenen "Ganbeis" in der Masse in Grund und Boden zu trinken. Eine Möglichkeit der âVerteidigungâ (der eigenen Gesundheit, man wird
Sie in der Regel nicht zwingen, in diesem Zustand VertrÀge zu unterschreiben, das gemeinsame Trinken ist vielmehr ein wechselseitiger Vertrauensbeweis) ist, sich stets neben dem eigentlichen Trinkglas auch Bier in
das Schnappsglas zu fĂŒllen und damit anzustoĂen - ein chinesischer Kniff, der, wenn angewandt, mit einem Augenzwinkern quittiert wird. Taktik 2 ist, selbst die Initiative zu ergreifen und zu Beginn einfach mit
ALLEN auf einmal anzustoĂen. Manche GeschĂ€ftsleute geben sich von vorne herein als Antialkoholiker aus, was auch akzeptiert wird - wie im Ăbrigen jede Ablehnung einer Speise, so lange sie
höflich (die Ehre diese SpezialitĂ€t geboten zu bekommen betonend) erfolgt, problemlos akzeptiert wird - Chinesen sind sich sehr bewusst, dass manche ihrer Speisen nicht jedem, und das heiĂt insbesondere
auch nicht jedem Chinesen schmecken. GrundsÀtzlich kann man in guten Restaurants ALLES noch so seltsam Aussehende guten Gewissens probieren und meistens lohnt sich das auch. GetrÀnke werden IMMER
nachgeschenkt/sollten immer nachgeschenkt werden. Man hört auf zu trinken, indem man das annĂ€hernd volle Glas stehen lĂ€sst. Ist das Essen beendet wird in der Regel recht zĂŒgig aufgestanden und der Abend
woanders fortgesetzt.
8. Nachtleben - Karaoke:
GeschĂ€ftliche Einladungen in Karaoke-Bars sind ĂŒblich und man sollte auch mal ein Lied zum Besten geben. Allen anderen potentiell gebotenen Verlockungen der Nacht kann jeder nach eigenem Gusto ent- oder zusagen, sollte dabei die erheblichen gesundheitlichen Risiken jedoch nicht aus den Augen verlieren - und die Frage der Erpressbarkeit!
9. Guanxi: Guanxi - Beziehungsnetze sind das Lebenselixier chinesischen Gesellschaftslebens. Chinesen bieten
Westlern dementsprechend gerne "Freundschaft" an. Chinesische Freundschaft ist jedoch primÀr ein PflichtverhÀltnis: Der Freund nimmt auch die Tochter zum Studium auf, besorgt westliche
GĂŒter, etc.. Deswegen sollte man selbst den Begriff "Freund" anderen gegenĂŒber möglichst vermeiden - oder wenn man ihn gebraucht sich nicht wundern, wenn sich frĂŒher oder spĂ€ter mehr oder
weniger offene Anfragen oder Forderungen anschlieĂen. Aus diesem Grund sollte man bei privaten Abenden auch vorsichtig sein, wenn man in sehr edle Restaurants eingeladen wird, oder sonstig materiell
AuĂergewöhnliches angeboten wird.
10. Verhandlungen: In China sollten Sie als Delegation stets KLARE Absprachen untereinander treffen, wer, was und wann sagt. Offene
Diskussionen vor dem Verhandlungspartner sind zu vermeiden, dann lieber vertagen. Wer sich von einer chinesischen Delegation auseinanderdividieren lÀsst, hat schlicht und einfach verloren. Zudem sollten Sie mit
Chinesen wenn irgend möglich nicht alleine verhandeln. Das Auftreten in der Gruppe ist kein Zeichen von SchwÀche sondern von Aufmerksamkeit - vier Augen... .
11. Verabredungen, Absprachen, VertrĂ€ge: ... sind nur Momentaufnahmen eines im Fluss befindlichen Vorganges, der den EinflĂŒssen des in China
nach wie vor sehr wechselvollen Alltags unterliegt: Die zufÀllige Begegnung mit einem Bekannten, der gerade was braucht, wird einen Handwerker jede Vereinbarung mit irgendeinem AuslÀnder unmittelbar vergessen
lassen. Der Manager der einen Vertrag ĂŒber eine Lieferung zu einem bestimmten Termin unterschreibt, besagt damit nur, dass er Willens wĂ€re, es zu versuchen - selbst wenn er weiĂ, dass es unmöglich ist. Daher
kann es hilfreich sein, Termine und Bedingungen erst einmal von der chinesischen Seite vorgeben zu lassen - das beeintrÀchtigt nicht die VorlÀufigkeit der getroffenen Aussagen, in der Regel sind diese
SelbstauskĂŒnfte jedoch nĂ€her an der RealitĂ€t. Wenn der Kunde sagt: âIch brauche am... â, dann wird der chinesische GeschĂ€ftsmann fast immer: âMei wenti.â entgegnen: âKein Problem.â - was heiĂt:
âIch habe kein Problem damit, dass Du das so willst. Ich meine, wir beide wissen doch, dass der Termin völliger Quatsch ist...â
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